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Das Leben mit der Technik - ein normaler Tag im Jahr 2030?

Vor etwa elf Jahren schrieb ich mal eine Zukunftsvision für fünf Jahre später, letztes Jahr stellte ich diese auf die Probe. Zeit mal rumzuspinnen, wie ein normaler Tag im Hinblick auf Technik im Jahr 2030 aussehen könnte.

Der Morgen beginnt damit, dass mein Wecker mich genau in der richtigen Schlafphase weckt statt einfach stumpf zu einer genauen Uhrzeit. Das Licht dimmt etwas hoch und die Vorhänge fahren ein wenig auf, sodass Sonne ins Zimmer scheint. Im Bad zeigt mir der Spiegel meine persönlichen Gesundheitsinfos an – Waage, Analyse der Toilette und eine Kamera im Spiegel untersucht meine Haut und Augen. Wenn es nichts besorgniserregendes gibt wird mir einfach nur ein Gesundheitsscore angezeigt. Nach dem Duschen ziehe ich mich an und frühstücke in der Küche bei einem Espresso, während ich auf einem rollbaren E-Paper-Display die aktuellen Nachrichten lese – natürlich personalisiert für mich und nicht allgemein von Stange mit zig Bereichen, die mich nicht interessieren (der Sportteil zum Beispiel).
Im Bad hat sich automatisch das Fenster geöffnet, damit sich die feucht-warme Luft nicht staut. Der Rest der Wohnung lüftet ebenfalls automatisch anhand von Wetter-Daten und Sensoren bzgl. Temperatur, Feuchtigkeit und Luftqualität. Im Winter tut sie das während ich weg bin, damit ich nicht in einer kalten Wohnung sitze.

Mit dem Shared Bike aus der Station zwei Straßenecken weiter mache ich mich mit einem kleinen Umweg über die Praxis meiner Zahnärztin auf den Weg zum Co-Working-Space. Bei der Praxis werfe ich das Standard-Kontrolltermin-Device ein, das ich zuvor per Post gekriegt hatte. Das kleine kugelförmige Gerät habe ich mir am Vortag auf die Zunge gelegt, dort haben Kameras und Sensoren meine Zähne untersucht und die Daten gespeichert. Meine Ärztin schaut sich die Ergebnisse an und ich bekomme eine Info, ob etwas nicht in Ordnung war und ich doch einen persönlichen Termin brauche.

In den Co-Working-Space bin ich heute gefahren, weil abends ein Community-Event statt findet, an dem ich teilnehmen wollte und von der Arbeit habe ich eine subventionierte Mitgliedschaft. Die Radfahrt durch die Stadt ist sehr entspannt, da inzwischen der Großteil der Innenstadt autofrei ist und ansonsten viel ÖPNV genutzt wird.
Vor Ort setze ich mich an einen leeren Schreibtisch und stecke mein Smartphone in eine Docking-Station, wähle das Arbeitsprofil und automatisch wird eine VPN-Verbindung aufgebaut und meine Arbeitsumgebung geladen. Die Docking-Station verbindet die Tastatur und das Touchpad und für die Monitore setze ich eine Augmented Reality-Brille auf, die mir die Monitore und deren Inhalte einblendet. Über die Brille kann ich auch audiovisuell an Besprechungen teilnehmen. Ich könnte zwar auch die gesamte Arbeitsumgebung in AR haben, aber die haptischen Eingabegeräte gefallen mir immer noch besser.

Gegen Mittag mache ich eine Pause und gehe kurz einkaufen. Meine Einkaufslisten-App hat mich darauf hingewiesen, dass nach meinem bisherigen Verbrauch bald mein Waschmittel leer sein wird und es hier in der Nähe gerade mein gewohntes Waschmittel günstiger zu haben ist.

Abends nach dem Community-Event nehme ich ein autonomes Auto nach Hause, wähle aber bei der Antriebstechnik eins, das auf Wasserstoff basiert. Die Fahrt kostet etwas mehr – die Technik ist neu, es ist spät, weshalb nicht mehr so viele Ride-Sharing-Autos unterwegs sind und ich habe noch einen Zwischenhalt eingeplant, bei dem das Auto auf mich wartet. Der Halt ist bei einem Rooftop-Garden, wo ich etwas frisches Gemüse abhole und die Kiste hinten ins Auto lade. Die Fahrt geht weiter nach Hause und ich werde direkt vor meiner Tür abgesetzt. Nachdem ich ausgeladen habe markiere ich die Fahrt als beendet und das Auto fährt weg – entweder zum nächsten Kunden oder es sucht sich einen freien Parkplatz.

Mit der Kiste in den Händen bin ich ganz froh, dass die Tür von alleine aufgeht, nachdem ich mit dem Ellenbogen den Knopf gedrückt habe und die Sensoren mich erkannt haben. Aus der Küche strahlt ein rot-blaues Licht in den Flur – die Pflanzenlampen für den kleinen, heimischen Vertical-Garden. Zuhause baue ich lediglich Pflanzen und Kräuter an, die ich öfters brauche und stocke ansonsten vom Wochenmarkt oder dem Rooftop-Garden je nach Bedarf auf.
An der Arbeitsplatte in der Küche habe ich alle Zutaten zusammengestellt, die ich brauche. Ein Display vor mir an der Wand zeigt das Rezept an, ein kleiner Beamer projiziert weitere hilfreiche Infos direkt auf die Arbeitsplatte. Nachdem ich das Rezept am Display einmal gelesen habe reichen mir die projizierten Kochinfos aus und ich schaue einen Bericht über die Fortschritte des Marsflugs weiter, den ich zuvor angefangen hatte.

Mit dem fertigen Essen gehe ich nach dem Kochen ins Wohnzimmer. Das Licht in der Küche geht aus, das im Wohnzimmer an, ebenso der Fernseher und die Frage, ob ich mit der Serie von letzter Woche weitermachen möchte, beantworte ich mit Ja. Gerade als das Intro der Serie gelaufen ist poppt eine Mitschau-Anfrage von einem Kumpel von mir aus einer anderen Stadt auf – ich nehme an und setze die AR-Brille auf. Mein Kumpel erscheint neben mir auf dem Sofa und wir quatschen ein bisschen, während nebenher die Serie läuft.
Nach der Folge verabschieden wir uns wieder, er muss am nächsten Morgen wieder früh raus.

Das Geschirr bringe ich anschließend in die Küche und setze mich noch etwas mit einem E-Book hin. Alle Geräte gehen in einen „nicht stören“-Modus und das Licht dimmt etwas herunter für ein gemütliches Ambiente. Insgesamt wird auch langsam der Blau-Anteil aus der Zimmerbeleuchtung entfernt. Irgendwann meldet sich mein Smartphone mit dem Hinweis, dass wenn ich am nächsten Morgen vor der Arbeit mein Sportprogramm machen will, sollte ich mich auf den Weg ins Bett machen. Ich nehme den Hinweis zur Kenntnis, aber das Buch ist gerade spannendere, weshalb ich noch etwas länger lese.

Bevor mir die Augen zufallen gehe ich ins Bad, die Wohnungsbeleuchtung ist inzwischen insgesamt gedimmt, und anschließend gehe ich ins Bett. Da ich keine Termine habe verschiebt mein Wecker die Weckzeit automatisch etwas nach hinten, sodass ich ausreichend Nachtruhe bekomme.

Ich schlafe ein – nach einem ganz normalen Tag im Jahre 2030?