HH maczarr.de

Gegen Kinderpornografie

...das steht außer Frage, aber nicht SO! Ich dachte inzwischen hätte jeder von den Plänen unserer Familienministerin Frau von der Leyen mitbekommen, aber wie ich heute feststellen musste ist das nicht der Fall. Geplant ist eine Sperrung von Internetseiten mit Kinderpornografie-Inhalten - klingt im Prinzip sehr gut. Nur gibt es da nicht nur einen Haken an der Sache - ich möchte sagen es gibt da so viele Haken wie man Fliegen auf einem frischen Kuhdung finden kann.

Die Haken

Zu allererst: die geplante Sperrung ist auf technischer Seite so unwirksam, dass sie kaum etwas bringen wird (zur Technik gleich mehr). Des Weiteren soll die Liste mit zu sperrenden Webseiten vom BKA gepflegt werden - es gibt also überhaupt keine richterliche Instanz die erstmal eine Prüfung durchführt, ob die Webseite zu recht gesperrt wird.

Wo wir direkt beim nächsten Thema wären: es gibt kein Prozedere, wie Web-Adressen wieder von dieser Liste verschwinden - möglicherweise weil sie zu unrecht dort gelandet sind oder ihnen eventuell böswillig kinderpornografische Inhalte untergeschoben wurden, die mittlerweile wieder entfernt sind.
Die Sperrliste soll selbstverständlich geheim sein, daher befürchten viele dass über diese Liste auch schnell mal andere unliebsame Internetauftritte unter einem Vorwand auf der Liste landen könnten.

Interessant wird es auch, wenn man so eine auf der Sperrliste stehende Webseite aufruft. Das muss ja noch nicht mal mit Absicht passiert sein, es kann einem auch einfach jemand einen "verschlüsselten" Link (via tinyurl oder ähnliche Services) zukommen lassen. Ich sehe schon die ersten Email-Würmer, die tinyurl-verschlüsselte URLs in Emails von vermeintlich vertrauenswürdigen Absendern verschicken und massenweise Benutzer auf den Link klicken, weil der Absender ja der nette Onkel Alfred ist.
Ruft man dann so eine gesperrte Webseite auf wird man auf eine STOP-Seite gelenkt, die darauf hinweist, dass man ein illegales Angebot aufrufen wollte.
Dieser Aufruf von einem wird nun protokolliert und dem BKA steht die IP-Adresse zur Strafverfolgung zur Verfügung in dessen Folge sich dann erst die Schuld oder Unschuld klärt.

Die Technik

Webseiten-Aufrufe laufen über sogenannte DNS-Server. Dort sind vereinfacht gesagt Tabellen hinterlegt, wo jeder URL wie beispielsweise http://www.maczarr.de eine IP-Adresse zugewiesen wird. Das ist nötig weil Webserver, auf den die Webseiten liegen und von denen sie abgerufen werden, eigentlich über eine Nummer (die IP-Adresse) angesteuert werden. Da Menschen sich aber Zahlenkombinationen schlecht merken können gibt es Buchstaben-Domains, die dann am DNS-Server in die Zahlen-Adressen übersetzt werden.
Die "Sperrung" erfolgt nun einfach, indem im DNS-Server für die gesperrten Domains nicht mehr die richtige IP-Adresse hinterlegt ist sondern auf die STOP-Seite der Regierung weitergeleitet wird und der versuchte Zugriff auf diese Seite protokolliert wird. Um diese Sperre einfach zu umgehen verwendet man einen ausländischen DNS-Server oder direkt die IP-Adresse. Das ist technisch ein sehr geringer Aufwand, weshalb die Internetsperre eigentlich überhaupt nichts sperrt.

Jetzt wird bestimmt gefragt, weshalb man sich denn so aufregt, wenn die Sperre doch so unwirksam ist. Nun, einerseites ist damit die Grundlage zur Zensur des Internets geschaffen, die später immer weiter und vielleicht auch mal wirksam ausgebaut werden kann. Andererseits sorgt für Aufruhr, dass man nur durch das Aufrufen einer Webseite ins Visier der Fahnder gerät.

Leider leider muss man auch mal anmerken, dass diese ganze Zensur-Maßnahme im Grunde nur Gerede ohne Wirkung darstellt. Keinem Opfer von pädophiler Gewalt ist damit geholfen, dass das Internet zensiert wird. Statt dass wirklich gegen das Problem angegangen wird bedient man sich öffentlichkeitswirksamem Gerede. Ohne (technische) Kenntnis vom Internet und kurzsichtig gedacht wirken die geplanten Maßnahmen ja auch sinnvoll, aber eben nur auf den ersten Blick.
Auch bei der heutigen Bundestagsdebatte (ich hab sie mir zum Teil im Web über den Live-Stream angesehn) glänzte das Gros unserer Politiker durch Unkenntnis.

Inzwischen gibt es auch eine Online-Petition, die aktuell bei 40355 Unterzeichnern liegt. Ich möchte an dieser Stelle jeden Bitten, der die Petition für unterstützenswert erachtet, die Hürde der Registrierung zu überwinden und auch die Petition zu unterzeichnen.

Weitere Informationen zum Thema gibt es übrigens bei den Redaktions-Kollegen:
- Newsticker-Meldung über Bundestagsdebatte heute
- sehr guter Artikel, der mal alle Argumente für die Sperre beleuchtet und sachlich entkräftet