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Der naive Blick

Neulich hatte ich eine interessante Unterhaltung mit einer Freundin. Es begann damit, dass wir es über die Zimmer-Vermietungsplattform AirBnB hatten (Privatpersonen vermieten Einzelzimmer oder ihre ganze Wohnung), von da ging das Thema weiter zu Couchsurfing, wo Personen bekanntlich ihre Couch kostenlos völlig fremden Personen zum Übernachten anbieten (diese Personen müssen lediglich auch Mitglied bei Couchsurfing sein). Sie konnte es nicht so recht nachvollziehen, wie man einfach so unbekannte Personen in die eigenen vier Lände lassen könnte und dazu wäre es ja auch umständlich, wenn die Personen mehrere Tage da wären - da müsse man ja zuhause sein, wenn die auch da sind. Ich wiederum entgegnete, dass ich einem Couchsurfer auch einfach einen Schlüssel für die Wohnung geben würde, wenn der erste Eindruck passt, damit man unabhängiger voneinander ist.
Mit einem Lächeln sagte sie mir, dass ich ja schon manchmal etwas naiv auf die Welt blicken würde, immer positiv gestimmt und von den Menschen erstmal nichts schlechtes denkend. Es könnte ja schließlich auch sein, dass diese wildfremden Menschen in meiner Wohnung mir etwas klauen, wenn ich nicht da bin und sie alleine lasse.

Ich stimmte zu, dass das durchaus so sein könnte. Gehört hat man solche Geschichten natürlich schon mal irgendwo. Der Hintergrund für meine Sicht auf die Dinge ist aber noch viel simpler.

Persönliche Erfahrung

Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen mit Menschen und Situationen besteht für mich schlichtweg kein Grund, von anderen Menschen erstmal per se was schlechtes zu denken und ihnen zu misstrauen. Noch nie bin ich bestohlen, angegriffen oder sonstwie über den Tisch gezogen worden, dass ich daraus ein generelles Misstrauen für die Zukunft ableiten würde. Wäre ich der totale Stubenhocker und käme nie mit Menschen in Berührung oder würde ich noch in meinem Heimatdorf in Ostfriesland leben, wo ich fast die Hälfte der Einwohner persönlich kenne und hätte noch nie die Grenzen Ostfrieslands überschritten, könnte ich durchaus verstehen, dass man mir lediglich eine eingeschränkte Sicht auf die Welt vorwirft, aber ich denke meine Reisen und sonstige Freizeitaktivitäten sprechen da eine andere Sprache.

Dinge nicht persönlich nehmen

Dazu kommt noch, dass ich viele "Unfreundlichkeiten" des Alltags einfach nicht persönlich nehme, daher ärgere ich mich nicht und baue keinen Zorn gegen andere auf. Wenn mich beispielsweise im Bahnhof beim eiligen Vorbeirennen jemand anrempelt, könnte ich ihm Flüche hinterher werfen, mich ärgern und griesgrämig meinen Weg fortsetzen. Nur, warum sollte ich das tun? Ich jedenfalls lege es nicht drauf an schlecht gelaunt zu sein. Der Rempler war sicherlich nicht persönlich gegen mich gerichtet. Die Person hatte es eilig zum Zug zu kommen und wurde etwas unachtsam - ist vermutlich jedem von uns schon mal passiert.

Nach diesem Gespräch habe ich natürlich etwas darüber nachgedacht - sollte ich vorsichtiger werden? Meinen Blick schärfen und kritischer werden? Zu einem richtigen Ergebnis bin ich nicht gekommen, brauchte ich aber auch nicht. Ich denke an dem Spruch "Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus." ist durchaus etwas dran. Oder sollte es etwa nur Zufall sein, dass mir die Welt freundlich begegnet?