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Cineastische Situationen

Manche Situationen kennt man aus Filmen und denkt sich beim Ansehen "Das würde man im echten Leben niemals so machen". Beispielsweise am Telefon einfach auflegen, nachdem man seinen einen Satz gesagt hat ohne sich zu verabschieden oder – wenn es eine sehr wichtige Information war – nochmal nachfragen, ob diese auch richtig verstanden wurde. Manchmal läuft man aber auch durch den Alltag und stellt plötzlich fest, dass sich die Situation gerade sehr cineastisch anfühlt. Genau das ist mir kürzlich gleich zwei Mal passiert.

Dialog

In Filmen wird manchmal eine ungewöhnliche Dialog-Situation gezeigt. Zwei Personen unterhalten sich, aber statt dass die beiden sich ansehen, steht die eine Person leicht versetzt hinter der anderen, sodass man permanent beide Gesichter sehen kann ohne Perspektivwechsel. Die vordere Person spricht im Prinzip in die entgegengesetzte Richtung zur Person, mit der sie eigentlich redet.
Kürzlich lief ich bei mir durchs Viertel und eine Frau stand mit dem Rücken zur Wand und sprach in Richtung der Straße. Zuerst dachte ich, ob sie evtl. mit einem Headset telefoniert, aber als ich näher kam löste es sich auf. Sie redete mit einer Person, vermutlich einer Freundin, die in der Wohnung über ihr war und am offenen Fenster stand und ich musste sofort an die oben beschriebene Film-Perspektive denken.

Es liegt was in der Luft

In manchen Filmen, beispielsweise aus dem Heist-Genre, bereitet eine Gruppe eine Situation vor. Alle bringen sich in Position, eine Person steht an der Ecke, die andere sitzt im Wagen, eine weitere tut so, als würde im Geschäft etwas einkaufen. Alle lungern irgendwie rum und warten doch eigentlich nur, dass der Startschuss fällt.
Wer sich noch an das Ende der Serie "Sopranos" erinnert, dürfte dieses "es liegt was in der Luft"-Gefühl auch noch kennen, was das Finale der Serie großartig transportiert hat.
Vergangene Woche ging ich, ebenfalls bei mir im Viertel, eine Nebenstraße entlang und kurz vor einer Kreuzung fühlte sich die Situation auch ungewöhnlich an. Ein Mann stand auf der Bürgersteig-Seite, die ich entlang kam, einfach herum und wartete anscheinend. Um die Ecke auf der anderen Seite saß eine Frau in der Hocke mit dem Rücken an der Wand und gegenüber fummelte jemand an seinem Fahrrad rum, räumte etwas auf den Gepäckträger und wieder runter und wieder etwas drauf, als wollte er nur etwas Zeit schinden.

Auch hier hatte ich wieder das Gefühl einer Film-Situation und nein, ich habe keinerlei Nachrichten die folgenden Tage gehört, dass an dieser Kreuzung irgendein Ding gedreht wurde.