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Theater 2.0 - Benedict Roeser (Barcamp Berlin 3 2008)

Dies ist ein Beitrag zum Barcamp Berlin 2008 aus einer Serie. Die Beiträge zu den anderen Sessions findet ihr auf der Übersichtsseite.

Theater 2.0 war die erste und einzige Session, an der ich teilgenommen habe, die nach Rückfrage ans Publikum auf deutsch gehalten wurde. Leider war dies auch meine erste Session in dem großen Saal, wo es vier Session-"Räume" gab, die nur durch Stellwände getrennt waren. Ich hörte also entsprechend schlecht, leider.
Benedict stellte anhand einiger Praxisbeispiele vor, was er unter dem Begriff "Theater 2.0" verstand. Einerseite meinte dies, wenn ich ihn richtig verstanden habe, die Einflussnahme auf das Stück selbst bereits in der Vorbereitungsphase der Aufführung und andererseits die Integration des Publikums während der Aufführung, ähnlich dem Improvisationstheater.

Beispielsweise erzählte er von der Aufführung "Real Tekken/Fight Club" der österreichen Theater-Gruppe "God's Entertainment". Zwei Personen aus dem Publikum konnten via Joystick jeweils einen Kämpfer steuern, der durch Lichtkegel angezeigt bekam, was er machen sollte. Der Rest des Publikums war er passiv dabei, sie konnten auf den Ausgang des Kampfes wetten.
"Wir werden wieder wer gewesen sein" war eine Aufführung der Gruppe "Turbo Pascal". Wie Benedict berichtete konnte hier das Publikum während der Aufführung Kommentare auf einen Block schreiben und diese Notizen zur Bühne reichen - Kritikpunkt: auf die Reaktionen wurde wohl kaum eingegangen.

Ein Beispiel für die Einbindung des Webs war das Stück "Ödipedia 2.0", inszeniert von der Gruppe "Antigone 2.0". Im Vorgeld gab es ein öffentliches Wiki, wo jeder Texte zum Stück beisteuern konnte. Nach einer gewissen Zeit wurde das Wiki dann geschlossen und die Texte der Theatergruppe kamen hinzu. Die anonymen Autoren aus dem Internet treten hierbei ihre Rechte an den Texten ab. Was Benedict aktuell noch als problematisch beschrieb war der Stilmix, der sich so ergab. Wo sich der eine im ersten Satz in lapidarem Straßenjargon ausdrückt, antwortet dann der nächste in mittelalterlich geprägtem Vokabular. Die Sessionteilnehmer sahen diesen Punkt aber eigentlich als zusätzliches Merkmal dieses Theaterstücks und meinten, dass man doch nicht versuchen sollte, das Stück glatt zu ziehen und auf eine einheitlichere Sprache zu bringen. Ich stelle mir diesen Stilmix teils sehr witzig vor, nur die Frage ist natürlich, möchte man als Theaterschauspieler, dass permanent über einen gelacht wird, wenn man auftritt?

Das zweite Stück der Theatergruppe heißt wie sie selbst "Antigone 2.0". Hier wurden an einige Zuschauer Laptops vor dem Stück verteilt und sie konnten während der Aufführung live über eine Videowand neben der Bühne chatten. Außerdem gab es ein paar Zusatzinformationen zum Stück auf der Leinwand und die Darsteller haben in ihren Auftrittspausen ebenfalls in ihrer Rolle am Chat teilgenommen. Des Weiteren wurden auf triviale Anmerkungen aus dem Publikum im Stück eingegangen, jedoch nichts den Inhalt ernsthaft beeinflussendes.